Die vielen Gesichter der Maskenbildnerei

Prospect Magazin Fachzeitschrift für Veranstaltungstechnik, Schwerpunktausgabe Maskenbild | Herbst 2018

Die Maskenbildnerei begleitet eine lange Geschichte und ist dank neuer Technologien und Materialien spannender denn je. Ein Blick in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.  TEXT Katharina Gräser, Herbert Zehetner.

Das Make-up für Film und Bühne war bis vor einigen Jahrzehnten noch sehr unterschiedlich: Die Bühnenschminke musste markant, stark und überzeichnet sein – besonders in den großen Opern, wo durch den Orchestergraben noch zusätzliche Distanz zu überwinden war – schließlich sollte die Maske auch von Zusehern in der letzten Reihe dem Charakter entsprechend erkennbar sein. In der Stummfilmzeit um 1900 wurde diese Art der Schminke übernommen, allerdings mit einer oft sehr unnatürlichen Farbgebung, da die Grautöne des Schwarz-Weiß-Films manche Farben zu blass wiedergaben. Mit der Weiterentwicklung des Films musste das Make-up angepasst werden. Farbfilm und Kamera-Close-ups veränderten die Make-up-Technik bis in die heutige Zeit. Durch die Entwicklung der Lichttechnik und der auf Natürlichkeit setzenden Regie gibt es heute kaum mehr Unterschiede zwischen Film- und Bühnen-Make-up.

Von Latexteilen bis zum 3D-Drucker
In den späten 30er-Jahren kam es zu einem technischen Durchbruch beim Film-Make-up. Die Foam Latex Technology ermöglichte es, vorgefertigte Maskenteile direkt auf das Gesicht des Schauspielers zu kleben und diese mittels Negativformen zu vervielfältigen. Der amerikanische Maskenbildner Jack Dawn (1892 – 1961) setzte die neue Make-up-Technik erstmalig in dem Film „The Wizard of Oz“ (1939) ein. Dick Smith, ebenfalls amerikanischer Maskenbilder (1922 – 2014; bekannt durch „The Exorcist“), hat diese Technik in den 1960ern zur Perfektion – ja fast zu einer eigenen Wissenschaft – getrieben. Sie gilt heute noch als Basis für die Herstellung von aufwändigen Hollywood-Make-ups.

In der Filmindustrie werden traditionelle Techniken mit Computer Generated Images (CGI) kombiniert und ergänzt, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend wichtiger und dominanter geworden sind. Für das Zeichnen und Kolorieren gibt es spezielle 2D-Design-Software, für das Modellieren direkt am Computer steht eine 3D-Software wie Z Brush zur Verfügung. Während herkömmliche Techniken ausschließlich Addition ermöglichen, können Make-up-Artisten mit CGI Stellen vom Gesicht oder Körper eines Schauspielers subtrahieren und überzeugendere Charaktere schaffen. Die Vereinbarkeit von Make-up und CGI wurde in den Filmen Terminator und Jurassic Park erstmals bewiesen. Da aber das „echte“ Make-up trotz Kombination mit CGI nicht wegzudenken ist, versucht man heutzutage den Formenbau digital mittels 3D-Druckers zu revolutionieren. Diese Entwicklung wird die Branche in den nächsten Jahren noch intensiv beschäftigen, sind die Ergebnisse – verglichen mit der klassischen Technik – aktuell noch nicht zufriedenstellend.

Ausbildung zum Beruf Maskenbildner/in
Seit Anfang Juli gibt es in Österreich eine dreijährige Lehrausbildung, die den Erwerb des Berufstitels Maskenbildner/in erstmalig ermöglicht. Dabei wird das vielfältige Tätigkeitsfeld dieses Berufs vermittelt, das im Bundesgesetzblatt mit der Ausbildungsverordnung umfassend beschrieben und verpflichtend festgelegt ist (siehe auch Infokasten S. 13). Der moderne, kompetenzorientierte Rahmenlehrplan ist ebenfalls vom Unterrichtsministerium herausgegeben und die Berufsschule „Frisur, Maske und Perücke“ hat den Landeslehrplan darauf abgestimmt. Um mit dem Berufstitel Maskenbildner/in im Theater sowie bei Bühnen-, Foto-, Film- und Fernsehproduktionen (inklusive hochauflösender Medien) tätig sein zu können, werden die theoretischen Kenntnisse im Rahmen der Ausbildung bei den teilnehmenden Lehrbetrieben praktisch angewandt.

Möglichkeiten zur Weiterbildung
Das Tätigkeitsfeld der Maskenbildnerei ist groß und die Materialien sind einem stetigen Wandel unterzogen. Selbst nach abgeschlossener Ausbildung ist es gerade in diesem Beruf wichtig, sich regelmäßig weiterzubilden. Für berufserfahrene Maskenbilder gibt es ein breites Angebot an Kursen, Workshops, Schulungen etc., zu denen u. a. auch erfahrene Hollywood-Star-Maskenbildner wie Brian Wade oder Rob Burman als Vortragende nach Österreich kommen.

 

Berufsprofil Maskenbildner/in

(Auszug aus dem Bundesgesetzblatt)

  • Erstellen von kreativen Entwurfsskizzen und Zeichnungen von Hand oder rechnergestützt und
    von Modellen sowie Durchführen von Berechnungen im Zusammenhang mit der Gestaltung von Masken
  • Entwickeln von Maskenkonzeptionen sowie Planen, Entwerfen und kreatives Gestalten von Masken unter Beachtung der Zusammenhänge von Form, Farbe und Werkstoff nach eigenen Ideen oder nach künstlerischen Vorgaben einschließlich Abstimmen mit dem Auftraggeber
  • Anfertigen von Perücken, Haarteilen, Gesichts- und Körperbehaarungen aus Haar und haarfremden Werkstoffen, von Glatzen, Teilglatzen und behaarten Glatzen sowie Schneiden und Gestalten von Frisuren aus Eigenhaar, Perücken und Haarteilen verschiedener Zeitepochen, Stilrichtungen und nach Fantasie
  • Anfertigen von starren und flexiblen Masken, von Gesichts- und Körperteilen sowie von Spezialeffekten wie Hautveränderungen, Aktionsverletzungen, Deformationen usw.
  • Auftragen von natürlich, zeitgemäß, verjüngend, vorteilhaft, charakterverändernd, alternd sowie deformiert, hautverändernd, aktionsverletzt, verschmutzt usw. anatomisch angepasst wirkender Schminke verschiedener Zeitepochen und Stilrichtungen; Schminken von Fantasie- und Tiermasken sowie von plakativen Masken und Körperbemalungen (Bodypainting)
  • Erstellen von Produktionsschminkplänen sowie Dokumentieren des fertigen Maskenkonzeptes und dessen Ablaufs
  • Betreuen von Proben und Vorstellungen im Veranstaltungsbereich sowie bei Foto-, Film- und Sendebetrieben im Medienbereich
  • Abnehmen, Instandhalten, Ausbessern und Reinigen von Masken-, Perücken und Haarteilen sowie Entnehmen bzw. Rückführen dieser an den Fundus

 

Masken aus dem 3D-Druck werden die Branche in den nächsten Jahren noch intensiv beschäftigen.

  1. Lion Latex-Schaumteile Make-up in „The Wizard of Oz“ von Maskenbildner Jack Dawn
  2.  Rob Burman: Silikonteile-Application Demo 2017 bei Maske-Wien: www.maske-wien.com/meisterklassen
  3. Positivform Polyurethan mit Gelatineteilen
  4. Nicht erkennbar: die Gelatineprosthetics an Nase, Kinn, Wangen und Hals; Akademietheater 2009 „Die Väter“
  5. Silikonteile und -formen (Rob Burman)

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