„Ich mache nichts Existenzielles“

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Die Presse | SAMSTAG, 29. OKTOBER 2016
VON: KÖKSAL BALTACI

Maskenbild. Make-up-Artist Brian Wade hat „Hellboy“ und „Narnia“ erschaffen. Für einen Workshop mit Kollegin Katharina Gräser ist er derzeit in Wien.

Understatement kann man sich offenbar trotz einer jahrzehntelang anhaltenden Karriere in Hollywood bewahren. „Sollte irgendwann die Apokalypse nahen, wird niemand von der Regierung mich kontaktieren. Denn ich kann nichts tun, um sie abzuwenden“, sagt Brain Wade. „Ich kann weder bei der Errichtung von Bunkern helfen noch beim Bau von Raumschiffen. Was ich kann ist, Masken, Skulpturen und Modelle zu erschaffen. Um die Menschen zu unterhalten und sie in Fantasiewelten zu entführen. Nichts Existentielles also.“

Wade ist seit 37 Jahren einer der gefragtesten Special Make Up Artists in Los Angeles. Er steckt hinter den Figuren in Filmen wie „Batman“, „Die Chroniken von Narnia“, „Van Helsing“, „Blade“, „Gorillas im Nebel“, „Das Ding aus einer anderen Welt“, „Die Akte X“, „Hellboy“ und „Stuart Little“. Hinzu kommen Dutzende Videospiele, für die er ebenfalls Charaktere entwirft – ein boomendes Geschäft, wie er betont: „Die Game-Industrie setzt mehr Geld um als alle Filmstudios zusammen und bietet uns ein weiteres spannendes Arbeitsfeld, um uns neue Welten und Kreaturen auszudenken.“

Arbeitslos wäre er aber auch ohne Videospiele nicht, denn ob Orks und Aliens, täuschend echte Wunden oder Alterungsprozesse – die meisten dieser Charaktere und Effekte werden nach wie vor nicht (nur) von Computern generiert, sondern erst einmal von Make Up Artists in Handarbeit gefertigt. „Die im Computer entstehenden Special Effects empfinde ich nicht als Bedrohung, sondern viel mehr als Bereicherung“, erzählt Wade. „Denn beide Kunstformen profitieren einander – das Endergebnis ist dann besser als jede Kunst für sich allein.“

Praktische Tipps bei Workshop
Um seine Erfahrungen jungen Make Up Artists weiterzugeben, hält sich Wade derzeit in Wien auf. In einem dreitägigen Kurs (www.maske-wien.com) können ihm Interessierte am ersten Tag beim Modellieren über die Schulter schauen. An den zwei Praxistagen wird von jedem Teilnehmer eine Büste modelliert.

„Ich möchte den Teilnehmern vor allem praktische Tipps geben und ihnen dabei helfen, ihre Stärken herauszufinden und auf ihre Kreativität zu vertrauen“, sagt Wade, der acht Jahre in Prag gelebt hat – dem Hollywood von Europa. „Das Erlernen dieses Berufs ist wie eine sehr lange Reise. Man muss sich trauen, sich auf diese Reise zu begeben und dabei geduldig zu sein.“

Initiiert hat den Workshop die Wienerin Katharina Gräser, die selbst auf mehr als zehn Jahre Berufserfahrung als Maskenbildnerin zurückblicken kann und mit renommierten Theater- und Opernregisseuren wie Achim Freyer, Luc Bondy, Peter Sellars und Claus Peymann zusammengearbeitet hat. Ihre Ausbildung zur Kunstpädagogin absolvierte sie an der Universität für Angewandte Kunst, in ihrer Diplomarbeit widmete sie sich dem Thema „Creatures Features: Hässlichkeit in der Spezialeffektemaske in Hollywoodblockbustern.“

„In unserem Workshop soll auch ein Verständnis für Realismus vermittelt werden“, sagt Gräser, die an Pädagogischen Hochschulen Make Up unterricht. „Um jemandem beispielsweise ein Boxerauge zu verpassen oder eine Hellboy-Maske zu modellieren, braucht es detaillierte Kenntnisse der menschlichen Anatomie.“ Künftig will sie regelmäßig Stars der Szene für Weiterbildungsseminare nach Wien holen, um mit Workshops zu unterschiedlichen Bereichen wie etwa Perückenherstellung und dreidimensionale Make Up Effekte in Filmen dabei zu helfen, der künstlerischen Maskenbildnerei in Wien mehr Bedeutung zu verleihen.

„Sich selbst von anderen Make Up Artists inspirieren zu lassen, ist ein Wesen dieses Berufs. Ich selbst handhabe das bis heute so und tausche mich regelmäßig mit Kollegen aus“, sagt Wade. „Dabei führt eine Idee zur nächsten, bis am Ende eine Figur wie etwa ,Stuart Little‘ herauskommt, die zu meinen wichtigsten Arbeiten zählt. Vielleicht kann ich ja bei unserem Workshop jemandem dabei helfen, seinen eigenen ,Stuart Little‘ zu erschaffen.“

ZU DEN PERSONEN:
Brian Wade. Der Amerikaner gehört seit 37 Jahren zu den gefragtesten Make-up-Artists in Hollywood und steckt hinter den Figuren von Filmen wie „Batman“, „Die Chroniken von Narnia“, „Van Helsing“, „Gorillas im Nebel“, „Das Ding aus einer anderen Welt“, „Die Akte X“, „Hellboy“ und „Stuart Little“.

Katharina Gräser. Die Wienerin ist seit mehr als zehn Jahren Maskenbildnerin und hat mit renommierten Theater- und Opern- regisseuren wie Achim Freyer, Luc Bondy, Peter Sellars und Claus Peymann zusammengearbeitet.

Link zu den originalen Artikel: Die Presse 29.10.2016

Link zu den originalen Artikel: Die Presse 29.10.2016